The|ater

Peer Gynt

Erst vor einem dreiviertel Jahr machte das Anton-Bruckner-Gymnasium mit der Produktion des Jugendbuchklassikers "Krabat" als Musiktheater von sich reden. Jetzt Peer Gynt nach dem Text von Henrik Ibsen und der Mu­sik von Edvard Grieg in bearbeite­ter Fassung. Es ist - so erfährt man am Rande - das Abschiedsprojekt von Kunstlehrerin Iris Schaar­schmidt als Leiterin der Theater­gruppe, bereits seit zwei Jahren lau­fen die Vorbereitungen. Ihre Nach­folgerin Theresa Neudecker hat sie bereits eingearbeitet. Die Musik-Adaption stammt wie immer aus der Feder von Dr. Bernhard Stoffels, der auch das Orchester leitet. Um es vorweg zu nehmen: mit dieser inter­disziplinären Gemeinschaftspro­duktion hat das musische Gymnasi­um wieder einmal Maßstäbe gesetzt, nicht nur für die anderen. Auch für alle nachfolgenden Projekte dieser Art am ABG liegt die Messlatte nun noch höher. Heimlich, still und leise hat das Bruckner diese Art von dra­maturgisch-musikalischen Insze­nierungen weit über das Niveau von Schülertheater zu einem neuen Markenzeichen entwickelt.

Nicht von ungefähr wohl wurde wieder ein Stoff gewählt, der nah den Themen ist, mit denen auch sei­ne jugendlichen Interpreten kon­frontiert sind. Ein junger Mann, vom Vater misshandelt und von der Mutter überbehütet, ist auf der Su­che nach sich selbst, dem Sinn des Lebens und der wahren Liebe. Er versucht durch Lügengeschichten zu beeindrucken, stürzt sich in Fan­tasiewelten, bis die Grenzen zwi­schen Traum und Realität und die zwischen verschiedenen Identitäten verschwimmen. Erst die Liebe von Solveig (Johanna Lummer, Taisha Mages) kann ihn retten.

Es ist ein geschickter Kunstgriff, dass viele wichtige Rollen, ein­schließlich der Titelfigur mehrfach besetzt sind, also in verschiedenen Phasen des Stücks von verschiede­nen Schauspielern verkörpert wer­den. Absolut beeindruckend sind alle vier Darsteller des Peer Gynt (Ivan Blokhin, Josephine Kampf, Katharina Solohub, Lukas Zimolong), die die den anspruchsvollen Text dieser Rolle mühelos beherr­schen und der tragischen Figur des unglücklichen jungen Mannes in seinen verschiedenen Facetten mit­reißend interpretieren.

Das Stück lebt aber vor allem von der Einheit und dem Zusammen­wirken der zahlreichen Akteure al­ler Altersstufen.

In vielen ballettähnlichen Szenen bevölkern Hochzeitsgäste und En­gel, Trolle und Sklaven die Bühne -allein diese Choreografie bekam de­s öfteren zurecht Szenenapplaus. Ei­ner der Höhepunkte: Der Bergkönig erscheint als wabernde Masse, aus dem sich schaurige Fratzen heraus­schälen, umgeben von bunten Trol­len. Es sind diese vielen üppigen Bilder, an denen man sich nicht satt se­hen kann, die freilich nur durch ihre Perfektion und Liebe zum Detail ihre Wirkung entfalten können.- Die tatsächliche Handlung tritt dahin­ter manchmal fast zurück.

 

Multimediales Element: durch Vi­deoprojektionen werden zusätzlich Stimmungen und Effekte erzeugt, etwa als Solveig überlebensgroß aus dem Traum „zugeschaltet" wird

Und dann ist da natürlich die Musik. Das Opus 13 von Edvard Grieg mit seinen bekannten Suiten ist in Verbindung mit Ibsens, Drama umstritten, gilt als zu nationalro­mantisch und wird deshalb bei an­deren Bühnenfassungen oft weg ge­lassen oder nur ironisch verwendet Undenkbar bei der Produktion des Anton-Bruckner-Gymnasiums hier unterstreichen Griegs melan­cholische Weisen das mystische und bisweilen surreale Geschehen und verschmelzen geradezu damit. Wie­der einmal ist kaum zu fassen, dass aus dem Orchestergraben bis auf wenige Ausnahmen nur Schüler steigen.

Sphärenklange zum Schluss: als wären sie nicht von dieser Welt, sin­gen die weiß gekleideten Mädchen des Oberstufenchores (Leitung: Ste­fan Frank) Solveigs Wiegenlied a capella und lassen ein leicht ent­rücktes Publikum zurück. Wäre es ein Kinofilm, würde man erst ein­mal still und ehrfürchtig sitzen blei­ben, bis der Abspann vorbei ist. 

(Artikel von E. Bernheim-Geisperger, erschienen im Straubinger Tagblatt am 3.2.2018)

Krabat

Lange vor dem Welterfolg von Harry Potter und bevor „Fantasy“ in aller Munde war, gab es schon diese wunderbar spannende und gefühlvolle Geschichte vom sorbischen Müllerjungen Krabat, der im Bann der schwarzen Magie steht und sich durch die Liebe zu einem Mädchen daraus befreien kann. Vielfältig wurde der zeitlose Stoff des Jugendbuchklassikers von Otfried Preußler aus den 70-er Jahren auch auf die Bühne gebracht, als Oper, als Ballett, als Schauspiel. Vermutlich noch niemand hat sich aber vorher an das Experiment gewagt, das geheimnisvolle Geschehen um die Mühle am Koselbruch mit Kindern und Jugendlichen zu inszenieren.

Dr. Bernhard Stoffels, Musikwissenschaftler und Lehrer am Anton-Bruckner-Gymnasium, hatte in den vergangenen Jahren schon mehrfach mit seinen Orchesterarrangements von sich reden gemacht. Jetzt hatte er sich erstmals  die Vertonung eines abendfüllenden Bühnenstücks vorgenommen.

Somit erlebte das Publikum im Theater am Hagen eine Uraufführung ganz besonderer Art. Stoffels als Komponist und musikalischer Leiter, sowie seine Lehrer-Kollegen Matthias Baierl (Textadaption und Inszenierung) und Nicole Güntner (Kulissen und Kostüme) hatten zusammen mit vielen Schülern des Anton-Bruckner-Gymnasiums eine knapp zweistündige Produktion auf die Beine gestellt, die sie bescheiden als „Theater mit Musik“ bezeichneten. Vielmehr ist es eine singspielhafte Collage aus Orchesterstücken, Schauspiel und Gesang, mit präziser Choreografie und Dramaturgie.

Im doppelten Sinne zauberhaft sind Musik und szenische Umsetzung der schaurig-romantischen Handlung gelungen. Die Geschichte wird episodenhaft erzählt und wirkt wahrscheinlich deshalb so authentisch, weil es ein Stoff ist, der die jugendlichen Schauspieler gerade selbst betrifft. Somit war das Stück klug gewählt.  Es geht um Liebe, Freundschaft und auch um die Lust, sich in Gefahr zu begeben, dem Reiz des Verbotenen zu folgen.  Denn natürlich entscheidet sich Krabat auf die Frage der dunklen Meisterin (Eva-Maria Felis), ob er nur das Müllerhandwerk oder auch „das Andere“ erlernen wolle, für beides.

Es wird mit sparsamen Kulissen eine dichte Atmosphäre erzeugt, mal düster und beklemmend bei den Zauberstunden auf der Mühle oder ausgelassen beim Tanz der Dorfjugend oder innig, wenn Krabat (Simon Schmerbeck) und die Kantorka (Anna-Lena Zollner) sich begegnen. Nicht zu vergessen: Es gibt ein Happy End, das die beiden in einem engelsgleichen Gesangs-Duett besiegeln.

Stoffels‘ Musik unterstreicht die Emotionen wie der Soundtrack eines Filmes. Lautmalerische Passagen (Schneefall, Mühlenmotiv) wechseln mit Songs: dem Lied der Müllerburschen etwa oder dem „Freundschaftssong“. Sie werden gesungen von Unter- und Mittelstufenchor (Einstudierung Waltraud Götz-Rigaud und Christian Zintl). Nur an wenigen Stellen gibt es Anleihen aus Volksliedern oder aus Passagen aus einer „Sturmmusik“ von Edward Grieg, alles andere sind Eigenkompositionen aus der Feder von Stoffels. Kaum zu glauben, dass  auch das Orchester, dem eine tragende Rolle zukommt, fast zu 100 Prozent aus Schülern besteht.

Man erlebte eine musikalisch wie dramaturgisch und künstlerisch in höchstem Maße beeindruckende Gemeinschaftsleistung,  die wieder einmal das hohe Niveau der Projekte am Anton-Bruckner-Gymnasium unter Beweis stellte. Das verzauberte Publikum spendete stehende Ovationen.

Eva Bernheim (Straubinger Tagblatt)

Der Nussknacker

Elephantwalk

Ritter Rost

Da warens nur noch...